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Das endlose Spiel

Die zweiundfünfzigjährige Bärbel Meyer würde ihren Ehemann betrügen. Mit einem sehr jungen und äußerst attraktiven Mann. Heiner, gerade einmal 21 Jahre alt und Student im zweiten Semester an der pädagogischen Hochschule Flensburg. Kennengelernt hatte sie ihn auf einer Feier ihrer Großnichte Claudia am Sonnabend vor knapp einem Monat. Ihr Patenkind hatte ein paar Freunde zu ihrem zwanzigsten Geburtstag eingeladen, die im, mit Luftschlangen dekorierten, Keller gestanden hatten, Sektgläser haltend. Bärbel war nur kurz herunter gegangen, um Claudia alles Gute zu wünschen und ihr den Umschlag mit dem Gutschein zu überreichen.

„He Leute!“, hatte Claudia durch den Raum gerufen, „das ist meine Patentante Bärbel, ist es für euch o.k., wenn sie einen Moment mit uns feiert?“

Zustimmendes Gemurmel der Gäste.

„Willst du einen Sekt?“, fragte sie und zog sie zum provisorischen Tresen, ein Tapeziertisch mit weißen Tischdecken, „schön dich zu sehen, ein Gläschen darfst du mir nicht verwehren, bevor du wieder zu meinen Eltern hochgehen wirst. Hast du dich für meinen Geburtstag in diese Verkleidung geschmissen?“

„Nein, ich trete in zwei Stunden mit unserer Laienschauspieltruppe in der Aula des Gymnasiums auf. Habe schon mein Kostüm an.

„Meine Patentante ist Schauspielerin“, hatte Claudia gegen die Musik von Deep Purple, die mit ihrem Hit „Smoke on the water“ aus den Lautsprechern dröhnte, gekreischt, „wundert euch also nicht über ihre Aufmachung.“

„Alles Liebe zum Geburtstag!“, hatte sie gesagt und ihr den Umschlag entgegen gehalten, „das ist für dich. Zwar nur ein Gutschein, aber ich denke du wirst dich trotzdem ein wenig freuen.“

„Claudia! Kannst du mal herkommen?“, wurde vom anderen Ende des Raumes gebrüllt.

„Gleich wieder da“

Bärbel hatte an ihrem Glas genippt und sich umgeschaut. Um die 30 junge Leute standen in kleineren Gruppen zusammen, diskutierten, lachten, rauchten. Von hinten wurde sie an der Schulter angetippt. Bärbel drehte sich um und hatte in das Gesicht von Heiner geschaut, der leicht verlegen, aber lächelnd da stand, eine Hand in der Hosentasche seiner Jeans vergraben.

„Ich, na ja, ich habe das eben mitbekommen“, hatte er das Gespräch zaghaft eröffnet, „was die Claudia da gesagt hat, ähm, sie sind Schauspielerin?“

„Ja! Es ist aber nur eine kleine Theatergruppe in der ich mitwirke.“

„Welche Rolle spielen sie?“, hatte er sie ein wenig mutiger gefragt.

„Ich spiele in einem Märchen für Erwachsene die Gouvernante. Das Stück heißt ´Die Prinzessin aus der Unterwelt`. Ein wenig makaber und grotesk, aber es hat auch viele witzige Passagen.“

„Deswegen auch dieses herrliche Kostüm“, hatte Heiner festgestellt und sie von oben bis unten mit einem, wie sie meinte, verzerrenden Blick betrachtet. Konnte es sein, dass er sie, trotz ihres Alters, attraktiv fand? Bärbel hatte eine weinrote Satinbluse mit langen Ärmeln getragen, ihre Taille wurde durch ein schwarzes, geschnürtes Lederkorsett betont, an das sich ein langer, schwarzer Lederrock anschloss, der in vielen Falten knapp über ihren halb hohen Pumps endete. Ihren Kopf verzierte ein dunkler Hut mit einer Schleiergarnitur und breiter Krempe.

„Sie studieren?“

Er hatte genickt und sie wissen lassen, dass er die Fächer Mathematik und Sport belegt hatte. Sein muskulöser Oberkörper hatte ihre innere Sehnsucht nach einem Mann geweckt.

„Ihre Lieblingssportart.“

„Also“, hatte er zögerlich geantwortet, „meine zweitliebste wäre Handball, dann Schwimmen und Segeln.“

„Zweitliebste?“

„Na ja, die Sportmediziner verbieten diese Art manchmal vor wichtigen Wettkämpfen“, hatte er ihr zugeraunt und sich zu ihrem Ohr vorgebeugt.

„Sie meinen den Sport der mit S anfängt und mit einem X aufhört?“

Das Gespräch hatte plötzlich vor Erotik nur so geknistert.

„Genau!“

„Mit wem spielen sie?“

„Eine Partnerin fehlt zur Zeit“, hatte er lächelnd geantwortet, „haben sie Interesse?“

„Hier stehen doch eine Menge hübscher Mädchen herum, da können sie mir doch nicht erzählen, dass sie mit einer Frau anbandeln wollen, die gut und gerne ihre Mutter sein könnte?“

„Warum nicht? Sie haben die gewisse erotische Ausstrahlung. Die jungen Zicken haben ihren Flair nicht.“

„Sie spielen mit mir, ist es nicht so?“

„Ich spiele zwar gerne, aber ich möchte sie wirklich näher kennen lernen.“

„Amüsiert ihr euch gut?“, lachte Claudia und war zu ihnen getreten.

„Ja!“, hatte sie leicht verärgert gesagt und den Rest ihres Glases geleert, „junger Mann, wenn sie Interesse an dem Buch haben, dann rufen sie mich doch morgen einmal an. Meine Telefonnummer ist 45821, ansonsten werde ich es beim Antiquitätenhändler vorbei bringen. So, jetzt muss ich aber los.“

Tatsächlich hatte er am nächsten Tag angerufen und am Nachmittag saßen sie in einem kleinen Kaffeehaus in der Innenstadt.

Drei Wochen später hatte ihr erster Spielnachmittag stattgefunden. Es war ein Donnerstag. Bärbel erinnerte sich sehr gut, wie es angefangen hatte, den es war kaum 24 Stunden her:

In wenigen Minuten würde er zu ihrem ersten Abenteuer erscheinen. Ihr Mann Wolfgang würde nicht vor 18.30 Uhr nach Hause kommen. Sie hatte alles vorbereitet, spürte die Ungeduld vor diesem Treffen. Es war eine lange, arbeitsaufwendige Sache gewesen, dieses Spiel zu entwickeln. Würde es gelingen? Und wenn ja, wie erfolgreich oder befriedigend würde es werden. Gedanken die sie beschäftigten, die aber auch eine freudige Erregung in ihr hervor riefen. Der dreifache Gong der Türglocke ließ sie ein wenig erschrecken, ihr Gast kam früher als erwartet.

„Schnell herein mit ihnen“, empfing sie ihren Gast, „scheußliches Wetter, seit heute Morgen nur Regen, ziehen sie ihren nassen Mantel aus, ihre Stiefel können sie hier abstellen.“

Heiner folgte ihren Anweisungen, betrachtete sie: Sie trug einen braun-melierten Rock mit einer Faltenpartie, der ihre Knie bedeckte, eine Samt-gestreifte Bluse mit langen Ärmeln, helle, weiß glänzende Nylonstrümpfe und schwarze Pumps mit einem hohen Absatz. Ihre breite Stirn, das spitze Kinn, die dunkelroten Lippen, die schwarz getönten Augenbrauen gaben ihr eine verführerisch, weibliche Ausstrahlung, die durch den Pagenkopf mit ihren brünetten Haaren noch verstärkt wurde. Zwei größere Strähnen fielen vom Deckhaar bis zur linken Augenpartie herunter und erzeugten einen frech, frivolen Eindruck.

„Kommen sie in die Wohnstube“, forderte Bärbel ihn auf und ging voraus.

„Sie sehen bezaubernd“, schmeichelte er hinter ihrem Rücken, wobei sein Blick auf ihrem Hinterteil ruhte, die Pobacken zeichneten sich durch den Rock hindurch ab. Ein Hauch von einem leicht orientalischen Parfüm erspürte er, als sie sich abrupt umdrehte, seine Hände nahm und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange setzte.

„Schön das sie gekommen sind.“

„Selbstverständlich, meine Zusagen halte ich ein.“

„Wir sollten uns an den Spieltisch setzen“, schlug Bärbel vor und deutete auf den großen Holztisch, der von vier massiven Stühlen mit einem braunen Lederpolster umrahmt wurde. Das Wohnzimmer war durch eine zweiflügelige Schiebetür aus Kirschbaumholz geteilt. Heiner setzte sich auf einen Stuhl an der Fensterbank, Blick hinaus in den kleinen, aber sehr gepflegten Garten und auf die Terrasse. Der Regen war in Schneeregen über gegangen und bedeckte die Rasenfläche mit einem zarten, matschigen Weiß.

„Kaffee?“, fragte Bärbel und goss sich selbst ein. Das gute Porzellangeschirr mit dem Goldrand hatte sie vor einer Stunde eingedeckt.

„Sehr gerne“, erwiderte er höflich.

Sie trat hinter ihn, hielt sich an seiner kräftigen Schulter fest und ließ das heiße Getränk aus der Thermoskanne in seine Tasse fließen. Heiner spürte ihren verführerischen Duft und hätte sie am liebsten sofort auf den Teppich geworfen, um endlich das Spiel zu beginnen. Stattdessen sagte er: „Ihr Parfüm duftet sehr angenehm.“

„Nennt sich Coco Mademoiselle und ist von Chanel“, entgegnete sie und setzte sich auf einen Stuhl ihm gegenüber.

„Ihr Mann kommt wann zurück?“, wollte Heiner ergründen, der eigentlich keine Lust auf ein langes Kaffeetrinkern mit Plaudern zu verbringen gedachte.

„Der hat in seinem Geschäft bis zum Abend zu tun. Wir haben genügend Zeit! Ich werde ihnen jetzt einmal unser Spiel erklären“, hob sie geheimnisvoll an, stand auf und holte mehrere kleine Karten in verschiedenen Farben vom Bücherregal, einen Würfelbecher mit zwei Würfeln. Vom Schreibtisch, der mit dem Regal verbunden war brachte sie ein Din A3 Blatt aus fester Pappe mit: Der Spielplan, sorgfältig gezeichnet, der in der Mitte 32 kleine, kreisrunde Felder besaß, die zu einem Quadrat angeordnet waren.

„Sie haben zwei Spielfiguren“, schilderte Bärbel dem ratlosen jungen Mann, „eine Figur läuft nur in der Mitte dieses Quadrates Runden, trifft es auf ein Feld mit einem Fragezeichen, so ziehen sie eine Ereigniskarte, landet sie auf einem roten Feld küssen sie mich, die grünen und blauen Felder erläutere ich ihnen im Verlaufe des Spiels. Ihre zweite Figur darf die Abzweigungen benutzen, die von den Eckpunkten des mittleren Quadrates in ein Labyrinth aus vielen Räumen führt“, wobei sie mit der Hand über die Rechtecke fuhr, die die restliche Fläche des Planes ausfüllten, „es sind Räume der geheimnisvollen Erotik. Einige haben nur eine Tür, in einigen Räumen hat ihre Spielfigur die Wahl der Qual, wie sie ihren Weg fortsetzen möchten. Alle Räume besitzen eine Nummer und sie können, bevor sie den Raum betreten, von mir eine Information über das, was sie dort erwartet, erhalten. Soweit verstanden?“

„Ja! Was geschieht, mit ihren Figuren?“, erkundigte er sich.

„Ich würfele nicht, ich bin die Spielleiterin. Hierbei handelt es sich nicht um Halma oder Mühle.“

„Wann fangen wir an?“, fragte Heiner, der langsam doch neugierig geworden war.

„Kann sofort losgehen, wir benötigen nur noch zwei Figuren“, erwiderte sie, stand auf und holte aus dem Regal eine Zigarrenschachtel, die sie im geöffnet entgegen hielt, „Wählen sie ihre Farben.“

Heiner wählte eine rote und eine grüne Figur aus und befragte seine Spielleiterin: „Wo stelle ich sie hin? Ein Startfeld sehe ich nicht. Sagen sie, haben sie sich dieses Spiel ganz alleine ausgedacht und den Plan und die Karten selbst entworfen?“

„Die Figuren stellen sie einfach auf ein freies Feld im mittleren Quadrat. Zu ihrer zweiten Frage: Ja!“, bemerkte Bärbel, „noch Kaffee?“

„Nein danke, darf ich würfeln?“

„Nur zu. Mit welcher Figur starten sie? Vermutlich mit der Roten? Die Farbe der Farbe der

Liebe“, vermutete sie.

Heiner würfelte, das Spiel begann. Mit dem ersten Wurf erreichte er ein weißes Feld. Bärbel spürte seine Erregung, aber sie wollte ihn auf die Folter spannen.

„Leider müssen wir an dieser Stelle unterbrechen“, eröffnete sie ihrem Gast, „ich habe ganz vergessen, dass meine Freundin Vera heute zum Kaffee kommen wollte. Es tut mir leid, aber sie müssen gehen.“

Bärbel erhob sich, kam um den Tisch herum, setzte sich auf seinen Schoß.

„Sie haben sich sicherlich mehr versprochen, aber ein paar Minuten haben wir sicherlich noch Zeit“, wobei sie auf ihre Armbanduhr schaute, „für ein kurzes Intermezzo muss die Zeit reichen. Mögen sie es, Damen zu Diensten zu sein?“

Heiner nickte.

Bärbel sprang auf, hob ihren Rock und spreizte ihre Beine leicht.

„Dann bitte ich um ihre Dienste“, forderte sie ihn auf.

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